Zankapfel im Dreiländereck: Braunkohletagebau Turów
Foto: Anna Uciechowska, wikipedia
Tschechien verklagt Polen vor Europäischem Gerichtshof
Während die Regierungen der EU-Länder einschließlich Tschechiens beschlossen haben, diese extrem klimaschädliche Form der Energiegewinnung möglichst bald einzustellen, hat Polen eine Ausweitung seines Braunkohle-Abbaus bis 2044 angekündigt. Dabei soll der heute bereits riesige Tagebau Turów auf dem Gebiet der Gemeinde Reichenau/Bogatynia im Dreiländereck Tschechien-Polen-Deutschland auf 30 Quadratkilometer erweitert und die Grube, in der die Braunkohle abgebaut wird, auf bis zu 330 Meter Tiefe ausgebaggert werden. Die Betreibergesellschaft des Braunkohletagebau Turów, die Polnische Energiegruppe (PGE Polska Grupa Energetyczna S.A.), ist an der Warschauer Börse notiert, wobei sich eine Mehrheit von knapp 60 Prozent der Aktien in staatlicher Hand befinden.
Aus den deutschen und tschechischen Nachbarregionen wurden nach Bekanntwerden dieser Pläne starke Befürchtungen hinsichtlich gravierender ökologischer Folgeschäden mit Blick auf die Luftverschmutzung, Wasserversorgung und Bodenstabilität geäußert. Man kritisiert, dass man trotz der zu erwartenden Belastungen und Folgeschäden für Nordböhmen und die Oberlausitz nicht in das Bewilligungsverfahren eingebunden worden sei. Zuletzt forderte Prag von Warschau, dass auf der polnischen Seite der Grenze ein Erdwall errichtet wird, der die Bürger Nordböhmens vor der Staubbelastung aus dem Tagebau schützt. Zudem sollte Polen eine Entschädigung von rund 40 Millionen Euro für die Gefährdung der Trinkwasserversorgung und die Finanzierung neuer Brunnen zahlen. Und: Das gesamte Ausbauprojekt sollte von einer gemeinsamen tschechisch-polnischen Expertenkommission begleitet werden.
Weil Polen auf diese Forderungen nicht eingegangen ist, hat die Tschechien beschlossen, das Nachbarland vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zu verklagen. Weiter fordert Prag jetzt die sofortige Einstellung der Braunkohleförderung bis der Europäische Gerichtshof über die Legalität der Braunkohleförderung bis 2026 und die Fristverlängerung bis 2044 entschieden hat. Schon bei der Genehmigung für die Weiterführung bis 2026 habe Warschau gegen EU-Recht verstoßen, heißt es aus dem Prager Außenministerium. Man werde weiter mit Polen verhandeln und die Klage zurückziehen, wenn man doch noch eine Einigung erzielen würde. Der polnische Energiekonzern bestreitet die Vorwürfe gegen seine Ausbaupläne und behauptet, auftretenden Probleme abstellen zu wollen. Obwohl sich auch in der deutschen Oberlausitz heftiger Protest gegen die geplante Erweiterung des Kohleabbaues auf der polnischen Seite regt, schweigen Dresden und Berlin bislang zu diesem Thema.