Ethnografisches Museum Breslau, Foto: W. Rogowicz
„Der Wahnsinn. Der Fall Marian Henel Lüstling aus Branitz/Lubieżnik z Branic” heißt die Sonderschau im Ethnografischen Museum in Breslau, die bis 16. Februar 2025 besichtigt werden kann. Es handelt sich um die erste öffentliche Präsentation von 11 Wandteppichen „Gobelins“ sowie von schwarz-weißen inszenierten und Selbstporträt-Fotografien zu erotischen und psychopathologischen Themen. Diese hat der Autodidakt Marian Henel (1926-1993), langjähriger Patient des 1897–1903 von Bischof Joseph Martin Nathan gegründeten Krankenhauses für Psychisch und Neurologisch Kranke in Branitz, geschaffen.
Der Autor ist eine äußerst umstrittene Figur. Seine im Rahmen einer Kunsttherapie entstandenen Werke gelten jedoch als einige der herausragendsten Beispiele der sogenannten "Art Brut" weltweit, das heißt der Kunst der Randgruppen und Ausgegrenzten.
Marian Henel arbeitete einige Jahre im Amt für Staatssicherheit in Kreuzberg/Kluczbork als Heizer. Er wurde verhaftet als er eine Scheune im Staatlichen Landwirtschaftsbetrieb in Brand gesetzt hatte, kam ins Gefängnis und dann für den Rest seines Lebens in eine geschlossene psychiatrische Einrichtung in Branitz.
Dort fertigte er zunächst maßgeschneiderte Teppiche nach gelieferten Entwürfen und Anweisungen an. Auf seinem ersten Teppich ist das Wappen der Medizinischen Fakultät mit der Maxime „Salus aegroti suprema lex“ (Patientenwohl als oberstes Gesetz) zu sehen. Der zweite Teppich aus dem Jahr 1969 wurde auch in Auftrag gegeben. Sein Inhalt ist ein Loblied auf die nicht pharmakologischen Methoden der Psychiatrie, festgehalten in der Darstellung einer Gruppe von drei Renaissancemusikern und der Maxime 'Verbum, gaudium, labor et musica... etiam medicina' (Wort, Fröhlichkeit, Arbeit und Musik... ist auch Medizin). Das Muster dafür wurde Henel auferlegt, aber alle Ornamente und Farben wählte der Künstler selbst aus. Er entwarf diesen und die folgenden selbst geschaffenen Teppiche auf Millimeterpapier, wobei ein Raster einem Stoffknoten entsprach. Die „eigenen“ Gobelins sind am interessantesten in Bezug auf ihre Komposition: unstudiert und harmonisch, und ihren Inhalt, der als obszön, umstritten und von den gesellschaftlichen Normen abweichend gilt. Die mit Dr. hab. Piotr Oszczanowski als Kurator in Zusammenarbeit mit den Fachärzten aus Branitz und dem Suchtforscher Dr. Bogusław Habrat vorbereitete Ausstellung richtet sich ausschließlich an Erwachsene. M. Ilgmann
https://mnwr.pl/en/madness-the-case-of-marian-henel-the-lecher-from-branice/
Henel, Die Gesichter, 1987, Foto: A. Podstawka