Die Geschichten hinter den Objekten. Schlesische Kriegsschicksale 1939-1945
Ein neuer Internetblog von HAUS SCHLESIEN
HAUS SCHLESIEN mit seiner idyllischen Lage im Siebengebirge, seiner Nähe zu Bonn und Köln, den schlesischen Spezialitäten sowie dem schönen Innenhof und nicht zuletzt wegen seines Museums ist immer eine Reise wert. Aber nicht immer kann man diese Reise antreten. Freunde des Hauses und Schlesieninteressierte gibt es in ganz Deutschland, aber auch in Polen und sogar weltweit. Um auch diese Interessenten, die nicht im unmittelbaren Einzugsbereich leben, mehr an der Sammlung und der Arbeit des Hauses teilhaben zu lassen und neue, vor allem jüngere Zielgruppen zu erreichen, geht HAUS SCHLESIEN mit seinem neuesten Projekt anlässlich der 80. Wiederkehr des Kriegsbeginns 1939 neue Wege und startet einen Internetblog.
Mit dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen am 1. September begann vor 80 Jahren der Zweite Weltkrieg. Der nationalsozialistische Vernichtungskrieg stellte eine beispiellose Tragödie dar und kostete in sechs Jahren mehr als 60 Millionen Menschen das Leben. Zwar wurde Schlesien bis Mitte des Jahres 1944 von den unmittelbaren Kriegshandlungen verschont, doch spürte man auch hier die Folgen des Krieges: Väter und Söhne wurden eingezogen, Vermisste und Gefallene waren zu beklagen, der Zugriff auf die Jugend, die vermehrt zu Ernteeinsätzen und anderen Diensten herangezogen wurde, verstärkte sich, in der Landwirtschaft und den Produktionsbetrieben bestimmten mehr und mehr Frauen, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene das Bild. Und immer stärker wurden auch die Grausamkeiten des Krieges sichtbar: seit 1940 existierte das KZ Groß Rosen sowie mehrere Außenlager, in denen politisch und rassisch Verfolgte inhaftiert waren, 1944 erfolgten die ersten Luftangriffe und der Zusammenbruch der Ostfront brachte schließlich auch die unmittelbaren Kriegshandlungen nach Schlesien. Tapfer bemühten sich die Menschen lange darum, dennoch eine Art von Alltag aufrecht zu erhalten – es gab kleine Momente des Glücks, es wurden Kinder geboren und Feste gefeiert und viele erlebten neben dem Grauen auch Menschlichkeit.
Von Angst, Schmerz und Hoffnung
Von dem Leben der Menschen während des Zweiten Weltkrieges, von Angst, Schmerz und Hoffnung, von Freud und Leid in diesen Jahren legen zahlreiche Alltagsgegenstände, Dokumente und Fotografien Zeugnis ab. Sie sind stumme Zeugen dieser Zeit und gewinnen mit dem Ableben der Erlebnisgeneration, die von den Kriegszeiten erzählen und aus erster Hand berichten kann, wie sehr der Krieg das Leben jedes Einzelnen geprägt hat, immer mehr an Bedeutung. Deshalb gilt es die Objekte für die nachkommenden Generationen zu bewahren. Sofern dies nicht innerhalb der Familien geschieht, fällt die Aufgabe unter anderem auch den Museen zu, die sich neben der in der Öffentlichkeit wahrgenommenen Ausstellungs- und Vermittlungstätigkeit auch des Sammelns, Bewahrens und Forschens annehmen. Die Sammlung ist das Herzstück eines jeden Museums, doch erst die umfassende Erschließung, die intensive Auseinandersetzung mit jedem einzelnen Objekt und dessen Einordnung in den historischen und sammlungsrelevanten Kontext verleiht ihr ihren Wert. So ist es die Aufgabe der Kustoden, den Exponaten ihre Geschichten zu entlocken.
Die Sammlung von HAUS SCHLESIEN beherbergt eine große Zahl von Sammlungsstücke, die von dem Alltagsleben während des Zweiten Weltkriegs Zeugnis ablegen – unscheinbare Alltagsgegenstände, vergilbte Dokumente und zerlesene Briefe, die bei näherer Betrachtung ganze Lebens- und Familiengeschichten erzählen können. Diese sollen nun exemplarisch in dem neuen Internetblog präsentiert werden. Anhand von ausgewählten Stücken sollen die Geschichten hinter den Objekten erzählt und stellvertretend für die vielen Millionen Lebensschicksale einzelne dargestellt werden.
Da in Schlesien als Grenzregion deutsche und polnische Erinnerungen in besonderem Maße aufeinandertreffen und die brutale Besatzungspolitik der Nationalsozialisten gegenüber Polen sowie die wilden Vertreibungen der Deutschen durch die polnische Miliz die deutsch-polnischen Beziehungen bis heute prägen, ist es wichtig, eine einseitige Betrachtung der Ereignisse zu vermeiden. Deshalb sind auch Partnermuseen in Schlesien eingeladen, sich mit Beiträge und Exponaten zu beteiligen, um den Lesern einen Perspektivwechsel und damit eine differenzierte Sichtweise auf die Geschehnisse zu ermöglichen.
Durch die Darstellung einzelner Lebensschicksale anhand von Sammlungsbeständen soll die Erinnerung wach gehalten, zum nachdenken angeregt und dazu beigetragen werden, sich mit diesem Kapitel der jüngsten Geschichte auseinander zu setzen, in den eigenen Familienbiographien zu forschen und ins Gespräch zu kommen.
Der Blog ist unter folgender Internetadresse zu finden: www.hausschlesien.de/blog
Silke Findeisen