Nach 70 Jahren ist der legendäre Silberaltar kurz vor Weihnachten in den Breslauer Dom zurückgekehrt. Wie schon vor dem Zweiten Weltkrieg wird die gelungene Rekonstruktion dieses herausragenden Kunstwerkes mit Sicherheit auch in Zukunft wieder einer der größten Tourismusmagneten in der schlesischen Metropole werden.
Der Silberaltar wurde 1591 von Bischof Andreas von Jerin gestiftet, der für diesen Zweck 10.000 Talar ausgeben musste. So viel hat damals eine mittelgroße Stadt gekostet. Angefertigt haben ihn zwei Breslauer Künstler aus der Manierismus-Zeit: der Goldschmied Paul Nitsch und Maler Bartholomeus Fichtenberger.
Der vier Meter breite und drei Meter hohe Altar war 350 Jahre lang eine der größten Attraktionen der niederschlesischen Hauptstadt und schmückte den Altarraum des Doms bis 1944. Danach wurde er abgebaut und kam nie wieder an seinen alten Platz. Nach dem Dom-Brand im Jahr 1945 waren ca. 80 % der Originalelemente erhalten geblieben, darunter die bemalten Altarflügel und Silberfiguren, die vier Heilige darstellen: hl. Hedwig von Schlesien, hl. Johannes der Täufer, hl. Andreas und hl. Vinzenz. Zerstört war der Altarschrank und viele Silberverzierungen. Erst bei der Vorbereitung der Ausstellung „Schatztruhe. Goldschmiedekunst der Breslauer Erzkathedrale“ im Jahr 2016 entdeckte der Kunsthistoriker aus dem Breslauer Nationalmuseum Jacek Witecki die erhaltenen Altarteile, die man dann im Rahmen dieser Exposition sehen konnte.
Trotz einiger damit verbundenen finanziellen und verwaltungstechnischen Probleme ist es gelungen, den Altar ganz zu rekonstruieren. In den letzten drei Jahren wurden im Nationalmuseum Restaurierungsarbeiten durchgeführt, um die in der Dom-Schatzkammer wiedergefundenen Altarteile zusammenzufügen. Es wurde der Altarschrank aus Eiche wiederaufgebaut und mit speziell in Frankreich bestelltem Samt bedeckt, der den erhaltenen Originalstoffstücken entsprach. Um fehlende Silberteile zu ergänzen, benutzte man 28 kg Silber. Dank der Zusammenarbeit des Breslauer Nationalmuseums mit der St. Johannes-Kathedrale auf der Dominsel und dem Erzbischof Dr. Jozef Kupny, dem Metropoliten von Breslau, konnte der größte Schatz des Doms zum ersten Mal nach dem Krieg im Rahmen der Exposition „Zwei Altare“ im Nationalmuseum im Letzten Jahr präsentiert werden.
Am 22. Dezember wurde der Silberaltar eingeweiht. Seit der Christmette am 24.12.2019 kann man ihn an seinem alten Ort bewundern. Der bisherige Dom–Altar wurde jetzt in der Kreuzkirche auf der Dominsel untergebracht. Klaus Klimpke, ein vertriebener Schlesier der heute in München lebt und zufällig in Breslau die Rückkehr des Silberaltares erlebte, schrieb an unsere Redaktion:
„Dieser historische Silberaltar wurde am Freitag, den 20. Dezember 2019 nach 74jähriger Abwesenheit wieder an den Ort zurück gebracht für den er 1591 gefertigt wurde. Diese feierliche Übergabe an die Domgemeinde geschah in Anwesenheit der höchsten Breslauer kirchlichen Würdenträger sowie Stadt- und Landespolitiker. Ich hatte das große Glück als geborener Breslauer, Jahrgang 1938, bei dieser historischen Feier dabeisein zu können. Drei freundliche „Jungpriester“ öffneten mir den Weg in den Altarraum und somit war ich als einfacher Bürger in mitten dieses historischen Geschehens, mir hat vor Aufregung das Herz bis zum Hals geschlagen. Dieses Erlebnis in meinem Breslau werde und kann ich nie mehr vergessen.”
Magdalena Ilgmann
Fotos: Klaus Klimpke