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Edgar Bernhard Scheller verstarb in München

Der damalige Görlitzer Oberbürgermeister Joachim Paulick (l.) und Tippelweib Marianne Paul würdigten Edgar B. Scheller 2007 beim Schlesischen Tippelmarkt mit dem Neißepreis.

Foto: Sh

Im Alter von 93 Jahren verstarb am 23. Januar 2021 in München der ehemalige Inhaber der Görlitzer Landskronbrauerei Dipl.-Br.-Ing. Edgar B. Scheller. Er stellte eine gebildete Unternehmerpersönlichkeit guter alter Schule dar, die mit großem Sachverstand, Anstand, Stil, Tatkraft und Ideereichtum einen Betrieb auch durch schwere Zeiten zu steuern wußte.


Am 7. Juni 1927 in Görlitz geboren, wurde er 1943 mit 16 Jahren zum Arbeitsdienst und als Luftwaffenhelfer eingesetzt und geriet 1945 in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Danach machte er der Familientradition folgend eine Ausbildung zum Brauer, die er 1952 an der TH München in als Diplom-Brauereiingenieur abschloss. Mit dem Aufbau der Landskron-Brauerei über Generationen hinweg hat die Familie Scheller in Görlitz und ganz Niederschlesien Wirtschaftsgeschichte geschrieben, denn auch Brauereien zum Beispiel in Löwenberg und Hirschberg gehörten vor dem Zweiten Weltkrieg zum Familienbesitz.


Angesichts der sowjetkommunistischen Verhältnisse in Mitteldeutschland wechselte er im Oktober 1952 zu einer großen Brauerei nach Caracas, der Hauptstadt von Venezuela. Die CERVECERIA POLAR C.A führte er bis zu seiner Pensionierung 1988 sehr erfolgreich als General Manager. Zuletzt erreichte die Brauerei unter seiner Leitung einen Jahresausstoß von 13,2 Millionen Hektolitern.


Der fließend deutsch, spanisch, englisch und italienisch sprechende Edgar Scheller verharrte jedoch nicht im Ruhestand, sondern war unter anderem seit April 1989 als exklusiver Repräsentant der italienischen SIMONAZZI-Gruppe, die in mehreren Fabriken Maschinen für die Nahrungsmittelindustrie produzierte, in Lateinamerika tätig.


Eine große Wende in seinem Leben bedeutete der Fall der Mauer im Herbst 1989. Für den stets Schlesien und  Görlitz verbunden gebliebenen Edgar B. Scheller gab es kein Halten. In mühsamen Verhandlungen mit der Treuhand in Berlin gelang ihm die Reprivatisierung des 1972 enteigneten Familienunternehmens. Im Juli 1992 übernahm er wieder die Verantwortung als Geschäftsführer seiner Landskron-Brauerei. Durch erhebliche Investitionen gelang es ihm, die Landskron-Brauerei zu einem modernen Brauhaus auszubauen, dessen Produkte bald durch Fachgremien wiederholt national ausgezeichnet wurden. Den Schlesiern machte er im Oktober 2000 durch die Einführung des starken Exportbieres „Ein Schlesier“ anlässlich des damaligen großen Schlesiertreffens in der Landskron-Brauerei eine besondere Freude.


Bis zu seinem 75. Geburtstag war er für seine Brauerei mit ganzer Kraft im Einsatz. Nach zehnjährigem Wirken an der Spitze der Landskron-Brauerei verkaufte er sicherlich schweren Herzens im Sommer 2002 das Familienunternehmen. Den Lebensabend verbachte er mit seiner Ehefrau Isolde Scheller, geb. Waentik, in München in der Nähe der Familie seines Sohnes Randolf, eines selbständigen Kaufmannes. Der zweite Sohn Raul, wie sein Bruder mehrsprachig und mit einem abgeschlossenen betriebswirtschaftlichen Studium, ist in den USA unternehmerisch tätig.


Edgar B. Scheller konnte auf ein bewegtes Leben zurückblicken, das gleiche eine ganze Reihe von politischen Systemen kommen und gehen sah. Oft hat er in den vergangenen Jahren Görlitz und Schlesien besucht, um weiter Anteil an der Entwicklung seiner wieder aufstrebenden Heimat zu nehmen. Mit Betroffenheit verfolgte er den Niedergang und die traurigen politischen Turbulenzen im einst aufblühenden Venezuela, in dem er viele glückliche Jahre verbracht hat. Ihn bedrückten auch die ausufernde Bürokratisierung, die Überalterung und der zunehmende Verfall der politischen Kultur in Deutschland. Sein größter Wunsch war es, das der Friede in der Mitte Europas erhalten bleibt.


Nur wenige Tage nach seinem Tod starb am 1. Februar 2021 auch seine schon länger schwer erkrankte, geliebte Ehefrau, die ihm all die erlebnisreichen Jahrzehnte zur Seite gestanden hatte. Ihre letzte Ruhestädte fanden sie vereint bei einer Bestattung im allerengsten Familienkreis am 10. Februar 2021 auf dem Alten Friedhof der geliebten Heimatstadt Görlitz.

Alfred Theisen

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